Rede von Heinrich Fink auf dem 5. Treffen der Nachkommen

10. September 2014

Heinrich Fink

Vorsitzender der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, Mitglied der Lagerarbeitsgemeinschaft
Buchenwald-Dora

sprach zur Begrüßung der Teilnehmer am 5. Treffen der Nachkommen:

Liebe Freundinnen und Freunde,
Kameradinnen und Kameraden,
Antifaschistinnen und Antifaschisten,

es ist mir eine große Freude, Euch zum 5. Treffen der Nachkommen der im Konzentrationslager Buchenwald eingesperrten und gequälten Väter und Ehemänner zu begrüßen.

Zuerst begrüße ich die lebenden Buchenwalder, die hier sind, um den Tag ihrer Befreiung vor neunundsechzig Jahren gemeinsam mit uns zu begehen.
Aus Frankreich, aus Russland, aus Polen, aus Rumänien, aus Ungarn, aus der Ukraine, aus Israel, Tschechien, Belgien und Kanada.

Ich begrüße Bertrand Herz, Präsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora und Kommandos sehr herzlich. Wir bedanken uns dafür, dass er uns mit großem Verständnis begleitet.

Herzlich Willkommen Floréal Barrier, Vorsitzender des Häftlingsbeirates bei der Stiftung Gedenkstätte Buchenwald und seine Dolmetscherin Agnés Triebel.
Unser Gruß gilt dem Vorsitzenden der Lagerarbeitgemeinschaft Buchenwald-Dora, Günter Pappenheim. Ebenso herzlich begrüße ich Gert Schramm, er ist Mitglied des Häftlingsbeirates bei der Stiftung Gedenkstätte Buchenwald.

Ganz herzlich begrüße ich Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrates deutscher Sinti und Roma un d seinen Stellvertreter Jaques Delfeld. Wir bekunden erneut unsere Solidarität und verurteilen entschieden die erneuten Verbrechen an Ihren Schwestern und Brüdern.

Herzlich begrüßt sei Kersten Steinke, die Vorsitzende des Petitionsauschusses im Deutschen Bundestag und, nicht dem Protokoll folgend begrüße ich ihren Ehemann Volker Steinke, der seit gestern Mitglied unserer Lagerarbeitsgemeinschaft ist.
Ich hätte gern Abgeordnete des Thüringer Landtages begrüßt – ist jemand da? Leider nicht.

Herzlich Willkommen ist Stefan Wolf, Oberbürgermeister der Stadt Weimar. Er wird ein Grußwort an uns richten.
Ich begrüße Reinhard Schramm, den Vorsitzenden der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen. Die Verbindung zu Ihnen liegt uns gerade wegen des wieder auflebenden Antisemitismus sehr am Herzen.
Ich begrüße Harry Stein, Kurator der Gedenkstätte Buchenwald, der uns in unser Thema einführen wird.
Gern hätte ich Vertreter der Leitung der Gedenkstätte Buchenwald begrüßt, aus Zeitmangel können sie nicht hier sein. Musikalisch wird unser Treffen vom Trio Gerber begleitet. Wir werden Kompositionen von Schostakowitsch, Prokofjew und zum Schluss das Lied „Anmut sparet nicht, noch Mühe“ hören, das wir 1990 sehr gern als deutsche Nationalhymne hätten haben wollen.

Ich begrüße die Töchter, Söhne und Enkel der Buchenwaldhäftlinge, die das Vermächtnis ihrer Väter für den antifaschistischen Kampf erhalten wollen. Sie ringen heute darum, dass die Gedenkstätte KZ Buchenwald nicht zu einem stummen Museum wird. Ihre Eltern kämpften für eine Welt ohne Krieg und Ausbeutung und die Erinnerung daran muss bewahrt werden. Sie wollen, dass das „Nie wieder!“ des Schwurs von Buchenwald eine permanente Mahnung bleibt gegen das Krebsgeschwür Faschismus, dessen Metastasen sich gegenwärtig vermehren. Deshalb ist die Bewahrung des Vermächtnisses ihrer Väter und Mütter für ein antifaschistisches, demokratisches Europa, für eine gerechte Welt eine Pflicht. Die Texte zu den Bildern Kunst hinter Stacheldraht lasen Doris Zorn, Tochter von Otto Dambacher, Häftling von 1939 bis 1945 in Buchenwald und Lena Sarah Carlebach, Enkeltochter von Emil Carlebach, Häftling von 1937 bis 1945 in Buchenwald.

Es ist für uns sehr bedeutsam, dass diese Gedanken von den nächsten Generationen weiter getragen werden. Für das 5. Treffen der Nachkommen hat sich die Lagerarbeitgemeinschaft Buchenwald-Dora für das Thema
Selbstbehauptung und antifaschistischer Widerstand im KZ Buchenwald– Gedenken und Mahnung entschieden. Sich unter den Bedingungen des faschistischen Terrors selbst zu behaupten, die eigene menschliche Würde zu bewahren, ist einen nahezu unglaubliche Leistung und heute nicht nachvollziehbar.

Im Konzentrationslager die Selbstbehauptung des Einzelnen in den organisierten Widerstand gegen die SS, also den antifaschistischen Widerstand zu führen, der in den bewaffneten Aufstand am 11. April 1945 mündete, bleibt Verdienst deutscher Kommunisten im solidarischen Bündnis mit Häftlingen anderer Weltanschauung und Nation.
Das Menschliche bewahren zu können, gelang auch in den anderen nationalen Gruppen im Lager, war ausgeprägt bei den Frauen und wurde Kindern und Jugendlichen vermittelt. Selbstbehauptung und Widerstand, Selbstbehauptung als Widerstand umfasste alle Lebensbereiche und war entscheidende Voraussetzung für das Überleben.