Albert Kuntz – Geboren 4. Dezember 1896 Von SS-Mördern erschlagen 23. Januar 1945

6. Dezember 2011

kuntz» Ohne sich einer Aufzeichnung zu bedienen,… hält er eines der eindruckvollsten Plädoyers, das mir zu hören vergönnt war. Und seine klare und ruhige Interpretation ist eine mutige und schonungslose Anklage gegen diejenigen, die hier seine Gegner und seine Richter sind… Ich höre seine sichere und ruhige und manchmal vor Erregung zitternde Stimme, die zuerst gemäßigte, wie zurückhaltende, dann nach und nach tönende und starke Betonung, die er einzelnen Sätzen gibt. Man denkt an Dimitroff. Es sind Männer von gleichem Schrot und Korn. Der Generalstaatsanwalt hatte gegen Kuntz getobt. Überlegungen juristischer Natur… hätten ihn >leider< gezwungen, für Kuntz die >Einstellung des Verfahrens< zu beantragen… Kuntz vermeidet jedes Werturteil… Man hat ihn, man hat seine Partei angeklagt, einen Mord angestiftet zu haben. Hierauf antwortet er. Für ihn handelt es sich in erster Reihe darum, die unbedingte Legalität der Aktionen der Kommunistischen Partei Deutschlands zu beweisen. «¹

Die Rede ist von Albert Kuntz, einem Funktionär der Kommunistischen Partei Deutschlands, der über einen reichen Erfahrungsschatz verfügte und außerordentliches Organisationstalent besaß, der sich in den Klassenkämpfen seiner Zeit bewährt und den deutschen Faschismus entschieden bekämpft hatte.

Geboren am 4. Dezember 1896 in der sächsischen Kleinstadt Wurzen, wuchs er in proletarischen Verhältnissen auf. Schon als Siebenjähriger hatte er zur Versorgung der Familie beizutragen. Kupferschmied wurde er und schnell fand er Verbindung zur organisierten Arbeiterbewegung. Als Soldat des I. Weltkrieges musste er die barbarische Schlacht vor Verdun erleben und eine schwere Verwundung beendete seine Kriegsteilnahme. Diese bittere Erfahrung führte ihn in die USPD und ab Juli 1919 in die KPD. Stets um Wissensaneignung bemüht, erwarb er theoretische Grundlagen, um in der Partei wirksam werden zu können. Schnell gewann er Vertrauen und Zuneigung bei den Parteimitgliedern, die ihn in die Bezirksleitung Westsachsen wählten. An den Brennpunkten stand der kräftige, athletisch gebaute, redegewandte Genosse. Als er in Chemnitz zeitweilig untertauchen musste, lernte er seine Frau Ellen kennen. Beide verband gleicher Sinn und gleicher Mut. Ab 1926 arbeitete er als Org.-Sekretär im Bezirk Hessen-Frankfurt sehr erfolgreich. An die Lenin-Schule nach Moskau zum Studium delegiert, traf er 1929 auf Walter Bartel, mit dem er später im KZ Buchenwald den illegalen antifaschistischen Widerstand organisieren wird. Als er aus Moskau zurückkehrte, folgte er dem Auftrag der Partei und wurde an der Seite Walter Ulbrichts Org.-Sekretär der Berliner Parteiorganisation. Der Auftrag lautete: Berlin bleibt Rot! Und die KPD wurde stärkste politische Kraft in Berlin. Großen Anteil daran hatte Albert Kuntz. Seine Ellen und er mühten sich, den bei den Berlinern nicht unbedingt gelittenen sächsischen Dialekt in gutes Hochdeutsch zu wandeln. Es gelang ihnen, indem sie sich Werke der klassischen deutschen Literatur vorlasen, so Sprechunterricht betrieben und sich zugleich profundes Wissen aneigneten. Trotz angespannter politischer Arbeit fanden beide Zeit die Heimat zu erkunden, sich an der Natur zu erfreuen. Albert Kuntz fuhr leidenschaftlich gern Motorrad. Die kurzen Kampfpausen wurden zu Erlebnissen, von denen beide in den langen Jahren der Halft von Albert zehrten.

Als Albert Kuntz am 12. März 1933 von der illegalen Funktionärskonferenz der KPD in Ziegenhals zurückkehrte, ergriffen ihn die Nazis, sie misshandelten den von ihnen gefürchteten Kommunisten und entließen ihn nicht wieder in Freiheit. Prozesse eröffneten sie gegen ihn. Eine herausragende Rolle spielte der Bülowplatzprozess, mit dem die KPD diskreditiert und als Sammelbecken für gewalttätige Terroristen klassifiziert werden sollte. Mit der Verurteilung von Albert Kuntz wollten die Nazis eine Hochverratsanklage gegen Ernst Thälmann sichern. Die Faschisten erreichten ihr Ziel nicht, weil auch das Auftreten von Albert Kuntz in diesem Prozess, seine politische Stärke und seine moralische Integrität zu einem unüberwindbaren Gegenpol wurden. Er musste auf andere Art ausgeschaltet werden. In einen Gestapo-Dokument vom 20. Juni 1934 hieß es:

» Nach nochmaliger eingehender Prüfung wird infolge der bisherigen staatsfeindlichen Tätigkeit seit dem Jahre 1925 und da Kuntz Landtagsabgeordneter war, eine Aufhebung der Schutzhaft nicht befürwortet. Kuntz kommt außerdem als Zeuge in dem demnächst stattfindenden Hochverratsprozess gegen den Führer der KPD Ernst Thälmann in Frage«²

Aufrechterhaltung der Schutzhaft bedeutete, dass Albert Kuntz den Torturen der Gestapo im Berliner KZ Columbiahaus ausgeliefert war, dass ihn die Nazis in die KZ Lichtenburg, Buchenwald, Kassel-Wehleiden und Mittelbau-Dora verschleppten. Überall blieb er der kommunistische Funktionär. Im KZ Lichtenburg organisierte er mit Dr. Theodor Neubauer und Walter Stöcker den illegalen antifaschistischen Widerstand.

Als Häftling Nummer 1325 im KZ Buchenwald schuf er mit bewährten Genossen die illegale Partei- und Widerstandsorganisation, die erfolgreich zu einer internationalen entwickelt werden konnte. Ab Sommer 1943 war Albert Kuntz Häftling im KZ Mittelbau-Dora. Unermüdlich baute er eine illegale internationale Widerstandsorganisation auf und leitete diese, bis er verraten wurde. Die SS-Bestien warfen ihn im Dezember 1944 in den Bunker, wo ihn in der Nacht vom 22. auf den 23. Januar 1945 Mörder erschlugen.

Im Bülowplatzprozess sagte Albert Kuntz: »Sie können mir einen Vorwurf machen: den, dass ich Kommunist, bewusster Klassenkämpfer bin, dass ich für die Partei gearbeitet habe und arbeite, solange ich atme. Kommunist zu sein und zu bleiben, daran wird mich nichts hindern, und sie können mich totschlagen, aber daran können sie nichts ändern«³

Am 4. Dezember 2011 erinnern wir uns an den 115. Geburtstag von Albert Kuntz.

Gerhard Hoffman

¹S. Priacol: Im Namen des Gesetzes! Ernst Thälmann, Albert Kuntz, Mathias Rakosi, Toivo Antikaina, Anna Paukert, Paris, 1936. Zitiert nach Leopoldine Kuntz: Albert Kuntz im Bülowplatzprpozeß (4. bis 9. Juni1934), in: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Nr. 6/1989, S.829 ff.

² GSTA, Berlin-Dahlem, I HA Repositur 90 P, Nr. 110, Bl. 62. Zitiert nach Leopoldine Kuntz, ebenda.

³ S. Priacol: Im Namen des Gesetzes! S. 28 f. Zitiert nach Leopldine Kuntz, ebenda.