Günter Pappenheim – Der Buchenwaldschwur war sein Kompass

Günter Pappenheim
Er starb am 31. März 2021 im Alter von 95 Jahren als der letzte noch lebende ehemalige deutsche politische Häftling des Konzentrationslagers Buchenwald, der mit der  Nummer 22514 den roten Winkel trug.

In einer Würdigung von Gerhard Hoffmann heißt es:

Günter Pappenheim war

  • ein freundlicher, aufrechter, ehrlicher Mensch, gebildet und reich an Lebenserfahrung
  • Genosse, Kamerad, Berater, Zeitzeuge des Widerstands gegen Faschismus, väterlicher Freund
  • Vorsitzender der Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora e.V.
  • erster Vizepräsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora und Kommandos
  • geehrt mit staatlichen Auszeichnungen der Deutschen Demokratischen Republik
  • Kommandeur der Ehrenlegion Frankreichs.
  • Träger des Verdienstordens des Freistaates Thüringen
  • Ehrenbürger der Stadt Weimar

Am 14. Juli 1943 spielte er auf seiner Ziehharmonika für französische Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, zu denen er im Betrieb Kontakt hatte, in einer Arbeitspause die „Marseillaise“. Es war ihr Nationalfeiertag. Noch am selben Tag verhaftet, wurde er verhört und misshandelt, schließlich kam er als Schutzhäftling in das Konzentrationslager Buchenwald. Das Lager wurde für den Neunzehnjährigen die Schule des Lebens. Er überlebte.

Am 19. April 1945 gehörte Günter Pappenheim zu den Überlebenden, die den Schwur von Buchenwald leisteten. Für ihn wurde der Schwur, das betonte er immer wieder, der „Kompass fürs Leben“.

In der Deutschen Demokratischen Republik meinte er, wie viele seiner Kameraden, ließe sich der Wunsch nach einer Welt ohne Faschismus in Frieden und Freiheit erfüllen.

Mit den gesellschaftlichen Veränderungen 1989/1990 konzentrierte Günter seine Kraft auf die Arbeit in der Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora und das Internationale Komitee Buchenwald-Dora und Kommandos und als gefragter Zeitzeuge wandte er sich verständnisvoll im Besonderen den jüngeren Generationen zu.

Seine Bemühungen waren stets darauf gerichtet, den Grundgedanken des Schwurs von Buchenwald zu vermitteln und sich für seine Verwirklichung einzusetzen. Es war seine tiefste Überzeugung, dass es zu einer Welt des Friedens und der Freiheit, ohne Faschismus keine Alternative gibt.

Sein letztes Statement gab Günter Pappenheim für das virtuelle Gedenken anlässlich des 76. Befreiungstages in Buchenwald am 20. März 2021. Darin heißt es:

Kriege sind in der Welt und es wird immer mehr getan, für neue Kriege aufzurüsten als dagegen. Von Freiheit wird geredet, aber greifbar ist sie nicht. Es werden zur Verhinderung von Freiheit immer neue Instrumente geschaffen. Europaweit haben sich menschenfeindliche, aggressive Parteien und Gruppen ungehindert etablieren können. Sie sitzen in Parlamenten, sie beleben das Völkische, predigen Hass und Gewalt und: Sie werden von nicht wenigen gewählt. Dabei ist es nicht schwer, ihre Demagogie zu durchschauen.

Diese Tatsachen verlangen nach meinem Appell an Euch, die uns Nachfolgenden: Bewahrt den „Schwur von Buchenwald“ als das Vermächtnis des antifaschistischen Widerstands! Lasst keine Möglichkeit ungenutzt, die Demagogen zu demaskieren.

In einer Welt des Friedens und der Freiheit bedarf es keiner Gewalt, keines Rassismus, Hass und das Recht des Stärkeren sind unmenschlich!

Ich wünsche Euch Gesundheit und Kraft, der Weg ist steinig, aber gemeinsam zu bewältigen.

Ich grüße Euch mit den Worten des tschechischen Antifaschisten Julius Fučik:

„(…) Und im Leben gibt es keine Zuschauer. (…)Menschen, ich hatte euch lieb. Seid wachsam“ (9. Juni 1943)