Josef Safferling
„Bäume sind die schönste Verbindung zwischen Erde und Himmel „
Mein Name ist Dolores Debel und es berührt mein Herz zutiefst, wenn ich heute an dieser Stelle einen Baum der Erinnerung für meinen Vater pflanze. Es ist auch deshalb so bewegend, weil ich mit dieser Geste gleichzeitig zusammen mit ihnen allen an die vielen ungenannten Opfer dieses schrecklichen Ortes erinnern kann.
Mein Vater, Josef Safferling wurde 1898 in Strümpfelbrunn im Odenwald geboren und wie viele andere seiner Zeit prägten auch ihn die besonderen Verhältnisse der Nachkriegsgesellschaft in der Weimarer Republik. Damals wurde er Kommunist und das blieb er sein Leben lang.
Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten kam er wegen seiner politischen Überzeugung sehr schnell in Konflikt mit den neuen Herrschern – die Folge war „Schutzhaft “ in den neu erschaffenen Konzentrationslagern Kislau und Dachau.
Nach seiner Entlassung emigrierte er nach Belgien und als 1936 der jungen spanische Republik Gefahr drohte hielt ihn auch dort nichts mehr, er schloß sich den Internationalen Brigaden an und kämpfte zusammen mit Freiwilligen aus der ganzen Welt gegen die übermächtige Allianz der Faschisten.
1939 kam er nach Gurs in Frankreich, schloß sich später der Resistance an und nach mehreren Inhaftierungen in Lyon und Karlsruhe kam er schließlich im Sommer 1944 als Häftling mit der Nr. 48844 nach Buchenwald, dort blieb er bis zur Selbstbefreiung des Lagers am 11.April 1945.
Am 19. April 1945 versammelten sich noch einmal 21000 Häftlinge auf dem ehemaligen Appellplatz um gemeinsam der Toten zu gedenken. Sie, die Überlebenden, die den täglichen Terror und die mitleidlosen Grausamkeiten unmittelbar und am eigenen Leib erfahren mußten, gaben sich und der Welt ein feierliches Gelöbnis – den Schwur von Buchenwald.
„Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht!
Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. „
Die Welt, das waren zu dieser Zeit auch noch die Anti-Hitler-Koalition aus den Alliierten der Westmächte und der Sowjetunion.
Aber wie so oft in der Geschichte werden Bündnisse, einem Zweck folgend geschlossen und auch wieder gelöst, so wurden aus einst Verbündeten viel zu schnell neue Feinde im „Kalten Krieg „.
Hatte man den militärischen Kampf gegen den Faschismus noch gemeinsam gewonnen so wurde der Kampf um die Köpfe der Menschen bereits den neuen Interessen untergeordnet.
Einigkeit stärkt und Uneinigkeit schwächt, so war es nicht verwunderlich, daß weder die kollektive Amnesie und Verdrängung auf der einen Seite noch der Versuch staatlicher Instrumentalisierung auf der anderen die faschistische Ideologie dauerhaft auslöschen konnten.
„Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch! „
Berthold Brechts Worte sollten bis heute ihre Gültigkeit behalten.
Der braune Ungeist wartet weiterhin auf seine Gelegenheit und kann sich dabei auf seine treuesten Verbündeten verlassen:
Soziale Gegensätze und Ungerechtigkeiten, Demagogen, die dafür die Sündenböcke erschaffen; Neid, Mißgunst und Hass; Dummheit, die gedankenlos plumpen Parolen folgt und vor allem auf die Nutznießer all dessen.
Wir die Hinterbliebenen, wir die all die Jahre ohne Krieg ohne Hunger und ohne Verfolgung in Freiheit leben durften, wir stehen deshalb in ganz besonderer Beziehung und Verantwortung für den Schwur von Buchenwald.
Ich denke, daß dies der Erinnerung und dem Gedenken an meinem Vater wohl am ehesten gerecht wird.
Vielen Dank