Ansprache von Floréal Barrier aus Anlass des 63. Jahrestag der Befreiung des KZ Buchenwald am 13.04.2008 (Glockenturm)
17. April 2008
Am 14. September 2008 wird es ein Vierteljahrhundert her sein, dass tausende Frauen, Männer und Jugendliche sich auf dieser Seite des Ettersberges eng gedrängt eingefunden haben.
Sie weihten das Mahnmal ein und ehrten die mehreren Zehntausend Opfer der nazistischen Barbarei, die als Sklaven der nazistischen Kriegsindustrie im Konzentrationslager Buchenwald gestorben sind, an Folterungen, aus Hunger, an Krankheiten, durch Spritzen, erhängt, erschossen.
Die hier Anwesenden waren Überlebende und Angehörige von Verstorbenen in den Todeslagern des Hitlerregimes. Sie sind aus den beiden deutschen Staaten gekommen und in Delegationen aus 18 Ländern Europas. Sie waren in Begleitung von Freunden und all denen, die verhindern wollen, dass diese schmerzliche Vergangenheit wiederauflebt.
Bei der Befreiung des Lagers im April 1945 stand an dieser Stelle seit 1910 der Bismarckturm zum Ruhm der kriegerischen Vorherrschaft des preußischen Militarismus. An dieser Stelle haben die Nazis in Steinbrüchen Tausende der Unseren verscharrt. An dieser Stelle haben wir Überlebenden der Hölle unsere letzten Toten von Buchenwald in allen Ehren bestattet.
Und auf Beschluss der Regierung und der großzügigen Bevölkerung der DDR wird das Mahnmal für die unzähligen Opfer der nazistischen Ideologie errichtet: Deutsche seit der Machtergreifung Hitlers im März 1933, Widerstandskämpfer aus allen von den Unterdrückern besetzten Gebieten von 1939 bis 1945, Opfer der menschenverachtenden Rassenpolitik des Nazismus.
Dieses beeindruckende Ensemble der Mahnung zeigt auf Steintafeln das Leid und den schmerzlichen Weg, aber auch den heldenhaften Kampf der Nazigegner in allen Ländern für das Leben.
Die Pylonen der Straße der Nationen unterstreichen die Internationalisierung der begangenen Verbrechen und die Inhaftierung von tausenden Kämpfern aller Länder, Nazigegner wie ihre deutschen Kameraden.
Für die Überlebenden symbolisiert diese Straße der Nationen den illegalen Kampf von früher, der innerhalb des elektrisch geladenen Stacheldrahtes ein Europa des Friedens, der Solidarität und des Humanismus entstehen ließ, das wir uns so sehr für die Zukunft gewünscht haben und das immer noch zu errichten ist.
Die monumentale Treppe, der Weg der Freiheit, endet an dieser Gruppe des Bildhauers Fritz Cremer, der den illegalen und freiwilligen Kampf verewigt, der am Ende die Entmenschlichung und den Tod besiegen wird.
Und der Glockenturm wird das Herzstück des Gedenkens. Die Glocke, die ein besonderes Totengeläut anstimmt, das Präsident Grotewohl damals mit einem Vers des großen Weimarer Dichters Friedrich Schiller begrüßte :
« Friede sei ihr erst Geläute. »
Im Zentrum des Turms enthält eine Vertiefung Erde von allen Orten nazistischer Verbrechen, deren Namen auf dem Bronzedeckel eingraviert sind.
Ein halbes Jahrhundert ist seit jenem Septembertag vergangen. Und wieviel ist in der Welt geschehen, das so oft gefährlich für die Zukunft der Menschheit und insbesondere der Kinder ist. Der Nazismus, diese mörderische Ideologie, wurde am 8. Mai 1945 militärisch niedergeschlagen, aber er lebt in zahlreichen Ländern wieder auf und bringt die Zivilisation in schwere Gefahr.
Heute feierlich an die Verurteilung der Verbrechen von gestern zu appellieren und Wachsamkeit gegen deren Wiedererstarken zu erzeugen, läßt in den Seelen der neuen Generationen die stabilste Abwehr gegen eine Rückkehr zu jeder Form von Aggression und Unterdrückung entstehen.
Hunderttausende Besucher aus der ganzen Welt haben die Reste des Konzentrationslagers Buchenwald angesehen und sich an diesem Mahnmal, dem Glockenturm als Zeichen einer friedlichen Zukunft, andächtig gesammelt. Setzen wir uns dafür ein, dass die Gedanken der Besucher in der Vergangenheit und der Zukunft von diesem Ort beeinflusst werden und das sie sich die Worte aus dem Schwur von Buchenwald zueigen machen, den die Überlebenden am
19. April 1945 geleistet haben:
« Unsere Sache ist gerecht, Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. »
Und daß sie sich immer an die Worte der Hoffnung und des Kampfes aus dem Buchenwaldlied erinnern, das die SS in Auftrag gegeben hatte, das vor 70 Jahren von österreichischen antifaschistischen Häftlingen geschrieben wurde und das die Häftlinge im Gleichschritt singen mussten:
« Oh Buchenwald, ich kann dich nicht vergessen. »
Übersetzung: Franka Günther