„Ein Leben gegen Faschismus, Krieg und gegen die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen“ Iris Harnack und Jörg Scheinhardt zu Erich Scheinhardt, 1912 – 1995

Unser Vater, Erich Scheinhardt, wurde am 30.12. 1912 als 4. Kind des Landarbeiters Otto Scheinhardt und seiner Ehefrau Bertha, geb. Krüger, in Teutschenthal geboren. Bedingt durch die damaligen ärmlichen Verhältnisse der Landarbeiter wurde er schon frühzeitig durch seinen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn auf die kommunistische Jugendbewegung aufmerksam,

Erich Scheinhardt

engagierte sich in ihr und trat 1927 in den Kommunistischen Jugendverband der Ortsgruppe Teutschenthal ein. Bald übte er dort die Funktion des politischen Leiters aus.

1932 wurde er zum ersten Mal wegen schweren Aufruhrs inhaftiert und zu einer neunmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt.

1931 wurde er in die Kommunistische Partei Deutschlands aufgenommen, behielt jedoch weiterhin seine Tätigkeit im Jugendverband. Nach dem Verbot der KPD war er illegal für die Partei tätig.

Im März 1933 – nach der Machtübernahme durch das Naziregime – wurde er erneut wegen Hochverrates inhaftiert. Nach 3–4 Wochen musste er aus Mangel an Beweisen freigelassen werden.

Sofort nahm er wieder die Verbindung zur Ortsgruppe des kommunistischen Jugendverbandes in Teutschenthal auf. Diese Verhaftungen führten dazu, dass er arbeitslos wurde und mit Gelegenheitsarbeiten seinen Lebensunterhalt verdienen musste.

Durch Verrat erfolgte im Oktober 1935 eine erneute Verhaftung durch die Gestapo. Nach der Verbüßung einer Haftstrafe im Gefängnis Gommern wurde über ihn die Schutzhaft verhängt. Er kam in das Polizeigefängnis Halle und wurde von dort nach dem KZ Lichtenburg bei Torgau transportiert. Am 31. Juli 1937, nach Auflösung dieses Lagers, fand die Überführung in das KZ Buchenwald statt. Dort erhielt er die Häftlingsnummer 763.

In Buchenwald wurden marxistische Bildungszirkel organisiert. Er war im Zirkel des Genossen Oswald Rensch. Diese systematische marxistische Schulung im Lager war mit von ausschlaggebender Bedeutung, dass viele Genossen zu konsequenter Standhaftigkeit gegenüber den faschistischen Brutalitäten im Lager erzogen wurden. Auf Grund der Haltung unseres Vaters im Lager gehörte er mit zu dem Stamm der Genossen, die in die illegalen Informationen der damals lose bestehenden Leitung mit einbezogen wurde.

Am 19. April 1940 wurde er aus dem KZ Buchenwald entlassen und unter Polizeiaufsicht gestellt. Während dieser Zeit war es ihm möglich, bestimmte Verbindungen zu Genossen aus Leipzig sowie auch nach Dresden zu knüpfen bzw. bestehende wieder aufzunehmen.

Am 6. Juni 1943 wurde er – trotz des blauen Scheines – in das Straf- und Bewährungsbataillons 999 eingezogen. Im September 1943 kam er als Besatzungstruppe nach den griechischen Inseln im Ägäischen Meer. Auch hier hielten die Genossen untereinander Verbindung, trafen sich in kleinen Gruppen und bereiteten sich auf bestimmte Eventualitäten vor. 1944 – im Zuge der Rückzugsbewegung auf dem Balkan – wurde er von der Insel nach Athen zurückgeflogen und im Armeebekleidungslager stationiert. Anschließend war sein Einsatz gegen die bulgarischen Partisanen in Criwapalanka gerichtet. Diesen Sachverhalt nahm er zum Anlass, am 16. Oktober 1944 auf die Seite der Partisanen überzulaufen. An der Seite der Partisanen hatte er Anteil an der Zerschlagung der faschistischen Front im Balkanraum.

Am 5. März 1945 kam er in die Sowjetunion und war an größeren industriellen Ausbauarbeiten beteiligt. Hier war er aktiv in der Bewegung „Freies Deutschland“ tätig. 1946 wurde er zum Studium nach Moskau delegiert.

Am 20.11.1947 kam er nach Deutschland zurück und wurde von der Partei (SED) auf dem Gebiet der Bodenreform eingesetzt (Landesverband der VdGB). Hier baute er die Personalabteilung auf und wurde später Landessekretär der VdGB von Sachsen/Anhalt. Diese Funktion begleitete er bis 1950. Danach erfolgte eine Delegierung zur Parteihochschule. Nach Beendigung der Parteihochschule wurde er 1. Kreissekretär der SED in Bad Liebenwerda. Später wurde er als Sektorenleiter im ZK der SED eingesetzt.

Nach Unstimmigkeiten im ZK bezüglich der schnellen Kollektivierung der Landwirtschaft, nahm er 1954 eine Tätigkeit im VEB Leuna-Werke „Walter Ulbricht“ auf. Dort war er Mitglied der Kreisleitung der SED.

1956 absolvierte er am Industrieinstitut der Technischen Hochschule für Chemie Leuna-Merseburg ein Studium mit dem Abschluss eines Dipl.ing.oec. 1958 wurde er in den Leuna-Werken in der damaligen Arbeitsdirektion als Abteilungsleiter für Normung eingesetzt.

Von 1959 bis 1961 arbeitete er als Sekretär in der VVB Mineralöle und organische Grundstoffe. Danach kehrte er als Leiter der damaligen Arbeitsdirektion in die Leuna-Werke zurück. Nach Umbildung der Arbeitsdirektion in die Hauptabteilung Arbeitsökonomie leitete er diese Abteilung und wurde letztendlich Arbeitsdirektor. Gleichzeitig war er Mitglied des Kreisvorstandes der IG Chemie.

Er erhielt unter anderem folgende Auszeichnungen:

• 6. Oktober 1959 Medaille für ausgezeichnete Leistungen

• 9. Oktober 1963 Verdienstmedaille der DDR

• 7. Oktober 1969 Vaterländischer Verdienstorden in Bronze

Gedenkworte von Iris Harnack zu ihrem Vater Erich Scheinhardt

Mein Vater Erich Scheinhardt hat sein ganzes Leben gegen Faschismus, Krieg und gegen die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen gekämpft. Er hat dafür Gefängnis und KZ in Kauf genommen. In der DDR sah er seine Ziele verwirklicht. Nach dem Anschluss der DDR an die Bundesrepublik Deutschland gab er mir und meinen Kindern auf den Weg, seine Ziele weiter zu verfolgen. Er wusste, dass der braune Schoß noch fruchtbar war. Ich möchte mit den letzten Worten des von den Faschisten ermordeten Kommunisten Julius Fucìk enden: „Menschen seid wachsam!“