Robert Siewert
* 30.12.1887 in Schwersenz (Swarzędz, Polen), † 2.11-1973
Robert Siewert war Sohn eines Zimmermanns, als seine Mutter 1889 starb, zog der Vater mit der Familie nach Berlin, wo Siewert eine Maurerausbildung absolvierte. Im Anschluss daran ging er auf Wanderschaft durch Deutschland, die Schweiz und Dänemark. Nach dem Abschluss seiner Lehre 1905 schloß er sich der Gewerkschaft und 1906 der SPD an. Während seiner Zeit in der Schweiz von 1908 bis 1915 gründete er nicht nur eine Familie, sondern engagierte sich auch in der Gewerkschaftsarbeit, im Vorstand des Internationalen Arbeitervereins „Eintracht “ und als Sekretär des Schweizer Bauarbeiterverbandes. Wegen der „führenden Funktion “ bei mehreren Streiks, vor allem von Schweizer Maurern, wurde er dort zu drei Monaten Gefängnis verurteilt.
1915 wurde Siewert aus der Schweiz ausgewiesen und mußte als Soldat an der Ostfront dienen. In dieser Zeit war er im Spartakusbund und 1918 im Soldatenrat der X. Armee aktiv. Danach wurde er Mitglied der KPD. Er kehrte zunächst als Sekretär der KPD ins Vogtland zurück, ließ sich dann aber vorübergehend in Chemnitz nieder und arbeitete im Literatur- und Zeitungsvertrieb der KPD. 1920 wurde er in den Sächsischen Landtag gewählt, dem er bis 1929 angehörte. Bereits 1924 war er jedoch seiner Parteifunktionen enthoben und nach Berlin gesandt worden, wo er zunächst nur noch unbedeutende Funktionen ausüben durfte. Zusammen mit Hans Beck organisierte er ab 1926 die Arbeiterdelegation in die Sowjetunion. Später arbeitete er als Redakteur der Einheit, einer sich an linke Sozialdemokraten richtenden Zeitschrift.
1929 wurde Siewert wegen innerparteilicher Konflikte aus der KPD ausgeschlossen und trat der neugegründeten KPD-Opposition (KPDO) bei. Robert Siewert wurde daraufhin Mitglied der Bezirksleitung Westsachsens und behielt sein Landtagsmandat als Mitglied einer fünfköpfigen KPO-Fraktion im Sächsischen Landtag. Von 1931 bis 1933 arbeitete er als Verlagsleiter der Tageszeitung Arbeiterpolitik zuerst in Leipzig, dann in Berlin. Von 1933 bis zu seiner Verhaftung gehörte er gemeinsam mit Erich Hausen und Fritz Wiest zur ersten illegalen Reichsleitung der KPD(O). Er organisierte in dieser Position den Aufbau der illegalen Untergrundarbeit der Partei, teilte Gruppen ein und plante geheime Versammlungen. Er war ebenfalls an der Einfuhr von in Deutschland verbotenen Schriften aus dem Ausland beteiligt.
1933 wurde Siewert verhaftet: Ein SA-Trupp wartete nach dem Reichstagsbrand auf ihn in seiner Wohnung in Berlin-Tegel, verwüstete diese und nahm ihn mit, da er im Verdacht stand, illegale Flugblätter hergestellt zu haben. Siewert lebte nach seiner Entlassung illegal und arbeitslos in Berlin. Nach eigenen Angaben soll die Äußerung „Bei uns gilt nach wie vor der alte Gruß ‚Guten Morgen‘, ‚Guten Tag‘, ‚Guten Abend‘. Ich kenne den Gruß ‚Heil Hitler‘ nicht! “ der Grund für seine erneute Inhaftierung am 8. April 1935 gewesen sein. Siewert wurde daraufhin vom Volksgerichtshof wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu drei Jahren Haft verurteilt. Am 25. Dezember 1935 wurde er in das Zuchthaus Luckau überstellt, wo er erneut den Untergrundwiderstand organisierte und politische Diskussionen sowie Schulungen leitete. Da er auch im Zuchthaus als Maurer arbeitete, war es ihm möglich, auf diese Weise mit vielen Mithäftlingen in Kontakt zu kommen.
Im September 1938 wurde er in Schutzhaft genommen und in das KZ Buchenwald überstellt. Dort näherte Siewert sich politisch wieder der KPD an. Er wurde an führender Stelle in der illegalen Einheitsorganisation des Lagers, die aus Kommunisten und Sozialisten bestand, tätig.
Siewert war im KZ Buchenwald von 1938 bis 1944 Kapo beim Baukommando I und bildete jüdische und polnische jugendliche Häftlinge zu Maurern aus.
Nachdem er Ende August 1944 auf einer illegalen Gedenkfeier für Ernst Thälmann eine Rede gehalten hatte, war er zusätzlichen Schikanen von Seiten der SS ausgesetzt und wurde mehrmals zwischen dem Weimarer Gefängnis, dem Bunker im KZ Buchenwald und dem Gefängnis Ichtershausen verlegt. Siewert wurde schließlich erneut in das KZ Buchenwald überstellt und dort auf eine Liste derjenigen gesetzt, die hingerichtet werden sollten. Die (Selbst)Befreiung des Lagers am 11. April 1945 bewahrte ihn vor der drohenden Hinrichtung.
Nach dem Ende seiner 10-jährigen Haft schloß er sich am 18. Mai 1945 der KPD an und unterstützte von Halle (Saale) aus den Neuaufbau der KPD und der Gewerkschaften in Sachsen. Er stieg zum Ersten Vizepräsidenten der Provinz Sachsen auf, war bis zum 31. März 1950 Innenminister des Landes Sachsen-Anhalt und schließlich bis 1967 Hauptabteilungsleiter im Ministerium für Aufbau der DDR, wo er sich aktiv an der Durchführung der Bodenreform beteiligte.
Im Rahmen der „Parteisäuberungen“ wurde Siewert im Jahr 1950 aufgrund seiner KPO-Vergangenheit all seiner Ämter enthoben – und zum Leiter der Hauptabteilung II (Allgemeines Bauwesen) im Ministerium für Aufbau degradiert. Robert Siewert verlor damit jeglichen politischen Einfluß.
Im Zuge der Entstalinisierung wurde Siewert rehabilitiert und mehrfach mit Orden ausgezeichnet, so wurde ihm unter anderem der Karl-Marx-Orden, der Vaterländische Verdienstorden in Silber und Gold sowie 1972 der Stern der Völkerfreundschaft in Silber verliehen.
Siewert war Mitglied der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) und in dessen Zentralvorstand ebenso aktiv wie im Buchenwaldkomitee. Außerdem blieb Robert Siewert bis ins hohe Alter im Präsidium des Komitees der Antifaschistischen Widerstandskämpfer. Er hat an der Einrichtung der Mahn- und Gedenkstätten wie Buchenwald, Sachsenhausen und Ravensbrück entscheidend mitgewirkt.
Siewert starb am 2. November 1973 und wurde in der Grabanlage Pergolenweg neben der Gedenkstätte der Sozialisten in Berlin-Friedrichsfelde bestattet.
Noch heute sind Straßen in Berlin, Chemnitz und Weimar nach ihm benannt. Hingegen verloren Schulen in Brandenburg und Sachsen seinen Namen, schließlich war Robert Siewert eine der höchstdekorierten Persönlichkeiten des »Unrechtsstaates«.