Gedenworte für Ernst Jende und Klaus Trostorff

von Franziska Schestak-Haase (TVVdN-BdA)

Ich spreche zu Ernst Jende, Häftling in Buchenwald von Juli 1937 bis April 1945 und zu Klaus Trostorff, Häftling in Buchenwald von April 1944 bis April 1945.

Ernst Jende kam als erstes Kind einer achtköpfigen Arbeiterfamilie am 14. September 1911 in Glogau, im heutigen Polen, zur Welt.

1933 gehörte er zu den ersten Kommunisten, die von den Faschisten der Vorbereitung zum  Hochverrat angeklagt und zu vier Jahren Untersuchungs- und Schutzhaft, davon drei Jahre Einzelhaft, verurteilt wurden. Nach einem kurzen „Umerziehungsaufenthalt“ im KZ Lichtenburg gehörte er zu den ersten Kommandos, die 1937 das neue KZ Buchenwald errichten mussten. Von Anfang an versuchten sich die politischen Häftlinge zu organisieren und durch Solidarität untereinander die Lage für den Einzelnen etwas zu erleichtern. So konnte Ernst Jende aus dem berüchtigten Transportkommando „Die Singenden Pferde“ im Malerkommando untergebracht werden. Am 11. April 1945 wagten die Häftlinge den Aufstand zur Selbstbefreiung des Lagers, an dem auch die Widerstandsgruppe um Ernst Jende teilnahm. Seine 12 Jahre Haft und der feierliche Schwur von Buchenwald sind für sein weiteres Leben bestimmend gewesen.

Nach der Befreiung arbeitete er aktiv für den Aufbau der Deutschen Demokratischen Republik. 1990 gründete er gemeinsam mit Kameraden aus Erfurt, Gera und Suhl den Interessenverband ehemaliger Teilnehmer am antifaschistischen Widerstand, Verfolgter des Naziregimes und Hinterbliebener in Thüringen und war dessen Vorsitzender bis zur Vereinigung zur TVVdN-BdA im Oktober 1998. Ernst Jende war Ehrenvorsitzender des TVVdN-BdA bis zu seinem Tode am 22. Juli 2001.

Die Mitglieder der Basisgruppe Erfurt des TVVdN-BdA werden ihn immer in bester Erinnerung behalten und in seinem Sinne für die Verwirklichung des Schwurs von Buchenwald eintreten.

Klaus Trostorffs Mutter war Kindergärtnerin und sein Vater Opernsänger. Erzogen wurde er vor allem von seiner Mutter und seiner Großmutter. Beide Frauen waren Mitglied in der SPD. Mit dem Machtantritt der Nazis wurde die Familie jedoch nicht allein aufgrund der politischen Einstellung verfolgt, sondern auch wegen der jüdischen Herkunft von Mutter und Großeltern. Der Vater erhielt aufgrund seiner Weigerung, sich von seiner Frau zu trennen, Berufsverbot. Die Großeltern wurden 1940 ermordet.

Schon früh wurde er gegen die NS-Diktatur aktiv. Beim Versuch Soldaten zum Desertieren zu bewegen, wurde er an die Gestapo verraten. Nach fünfmonatiger Gestapohaft kam er ins KZ Buchenwald. Zur Strafverschärfung „wegen staatsfeindlicher Tätigkeit und sowjetfreundlicher Einstellung“ wurde er in den Block 1 zu den sowjetischen Kriegsgefangenen verlegt. Am 11. April 1945 erlebte er mit, wie die bewaffneten Mitglieder des Lagerwiderstandes die Kontrolle über das Lager übernahmen. Gemeinsam mit den anderen Überlebenden leistete er den Schwur von Buchenwald. Bereits im Lager war er unter dem Eindruck der Solidarität kommunistischer Kameraden Mitglied der KPD geworden.

Klaus Trostorff kam mit seiner Mutter, die aus dem KZ Groß-Rosen geflohen war, sein Vater war bei einem Bombenangriff ums Leben gekommen, über Breslau zurück nach Thüringen und im August 1945 nach Erfurt. Im September 1969 wurde er auf Bitten deutscher Buchenwald- Kameraden Direktor der ersten Nationalen Mahn- und Gedenkstätte in der DDR in Buchenwald. 20 Jahre war er Repräsentant dieser bedeutenden antifaschistischen Gedenkstätte im In- und Ausland. Zugleich war er Mitglied der Zentralen Leitung des Komitees der antifaschistischen Widerstandskämpfer. Stets versuchte er, Menschen davon zu überzeugen, dass Faschismus und Krieg nie wieder eine Chance bekommen dürfen. Bis ins hohe Alter stand er als Zeitzeuge zur Verfügung und blieb seiner antifaschistischen Grundüberzeugung Zeit seines Lebens treu.

Wir wollen unserem Vater und Großvater hier und in unseren Herzen ein ehren- und würdevolles Andenken bewahren. Vielen Dank.

Ernst Jende

14.09.1911  †22.07.2001, Häftling Nr. 457 in Buchenwald von Juli 1937 bis April 1945

Ernst Jende wurde als Mitglied der KPD nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten 1933 als Kommunist der Vorbereitung zum Hochverrat angeklagt und eingesperrt.

Als erstes Kind einer achtköpfigen Arbeiterfamilie kam Ernst Jende am 14. September 1911 in Glogau, im heutigen Polen, zur Welt. Er besuchte dort von 1917 bis 1925 die Volksschule und erlernte von 1925 bis 1929 den Beruf eines Dekorationsmalers. Noch in der Lehrzeit trat er 1926 der Gewerkschaft bei und wurde zum Vorsitzenden der Jugendgruppe gewählt. Seit 1929 Mitglied der KPD, betraute man ihn schon 1931 mit der Leitung des Unterbezirkes Glogau und wählte ihn in die Bezirksleitung Schlesien des Kommunistischen Jugendverbandes.

1933 gehörte Ernst Jende zu den ersten Kommunisten, die der Vorbereitung zum Hochverrat angeklagt und zu vier Jahren Untersuchungs- und Schutzhaft, davon drei Jahre Einzelhaft verurteilt wurden. So einen Unverbesserlichen wie ihn wollten die Faschisten nicht in die Freiheit entlassen. Nach einem kurzen „Umerziehungsaufenthalt“ im KZ Lichtenburg gehörte er zu den ersten Kommandos, die 1937 das neue Konzentrationslager Buchenwald auf dem Ettersberg errichten mussten. Um halb vier Uhr morgens begann nach einer kurzen Nacht auf dem Betonfußboden einer mit 600 Häftlingen überbelegten Baracke jeder furchtbare 14-16- und mehr Stundenarbeitstag. Lediglich Sonntags wurde „nur“ bis 13:00 Uhr geschuftet. Von Anfang an versuchten sich die politischen Häftlinge im Konzentrationslager zu organisieren und durch Solidarität untereinander die Lage für den Einzelnen etwas zu erleichtern. So konnte Ernst Jende aus dem berüchtigten Transportkommando „Die Singenden Pferde“, kurz bevor ihn die Kräfte verließen, in dem Malerkommando untergebracht werden. Seine jetzt mögliche größere Bewegungsfreiheit im Lager nutzten er und seine Genossen zur Mitarbeit in einer der Gruppen der illegalen kommunistischen Parteiorganisation. 

Als die 3. Amerikanische Armee nicht mehr weit vom Konzentrationslager  Buchenwald entfernt war, wagten die Häftlinge am 11. April 1945 den Aufstand. Auch die Widerstandsgruppe um Ernst Jende trug zur Selbstbefreiung des Lagers bei. Diese 12 Jahre und der feierliche Schwur von Buchenwald sollten für sein weiteres Leben bestimmend sein.

Überall, wo er gebraucht wurde, war er aktiv für den sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaat DDR;  vier Monate Bürgermeister in Glogau, Aufbau der Antifajugend in Görlitz, Studium an der Karl-Marx-Hochschule, Chefkorrespondent beim Sender Leipzig, Leiter des Nachrichtenamtes der Thüringischen Landesregierung, Chefredakteur des „Freien Wortes“ in Suhl, Sektorenleiter für Agitation und Propaganda bei der SED-Bezirksleitung Dresden.

Bereits 58-jährig, erwarb er in einem einjährigen Fernstudium für Pädagogik und Psychologie an der Karl-Marx-Universität Leipzig die Berechtigung für die Lehrtätigkeit an der Weimarer Verwaltungsschule, wo er bis zu seinem Renteneintritt 1978 tätig blieb.

Am 18. Mai 1987 wurde er zum Vorsitzenden des Bezirkskomitees Erfurt der Antifaschistischen Widerstandskämpfer gewählt, das er bis 1990 leitete. Im Oktober 1990 gründete er gemeinsam mit Kameraden aus Erfurt, Gera und Suhl den Interessenverband ehemaliger Teilnehmer am antifaschistischen Widerstand, Verfolgter des Naziregimes und Hinterbliebener in Thüringen. Dessen Vorsitzender war Ernst Jende bis zur Vereinigung des Interessenverbandes mit dem Bund der Antifaschisten auf der 5. Landesdelegiertenkonferenz am 22. Oktober 1998. Auf eigenem Wunsch trat er von der Leitungsfunktion zurück und war anschließend  Ehrenvorsitzender des TVVdN-BdA bis zu seinem Tode am 22. Juli 2001.