Elling Kvamme
*23.08.1918 in Hafslo, Sogn, + 03.04.2016 in Oslo
Seine Eltern waren Martha Kvamme und der Bezirksarzt Arnbjørn Kvamme. Nach seinem Abitur in Fredrikstad 1938 begann Elling ein Medizinstudium an der Universität von Oslo. Während einer Kampagne gegen die Universität und die Studenten am 30. November 1943 wurde er festgenommen. Zusammen mit 1200 anderen Studenten wurde er in ein Militärlager in Stavern gebracht. Einen Monat später wurde er zusammen mit 350 anderen in das KZ Buchenwald gebracht. Im August 1944 wurden die Fabriken rund um das Konzentrationslager Buchenwald bombardiert und viele Häftlinge getötet oder verletzt. Die Medizinstudenten hatten ihre Baracke in ein provisorisches Lazarett umgewandelt.
Hier arbeitete Elling und behandelte und pflegte die Verletzten. Als Medizinstudent musste Elling auch Häftlinge, die eines «natürlichen» Todes starben, im Autopsieraum in Buchenwald obduzieren.
Im Oktober1944 wurden Elling und die anderen Studenten in das SS-Lager Sennheim im Elsaß geschickt. Nach ungefähr einem Monat waren die Alliierten sehr nahe gekommen und alle Studenten wurden auf einen Rücktransport nach Deutschland geschickt. Elling Kvamme gehörte zu einer Gruppe von 50 Studenten, denen befohlen wurde, eine Fähre auf dem Rhein zu bedienen, um deutsche Truppen zu transportieren.
Doch sie weigerten sich als zivile Häftlinge, dem Befehl zu folgen und alle Studenten wurden zur Strafe auf einen einwöchigen Strafmarsch durch den Schwarzwald und dann auf eine fünftägige Zugfahrt ohne Essen geschickt. Zurück in Buchenwald mussten sie 14 Stunden auf dem Appellplatz ausharren. Ihr Leben wurde von dänischen Häftlingen gerettet, die Essen für sie geschmuggelt hatten.
Sie kamen anschliessend in den schlimmsten Teil Buchenwalds, in das kleine Lager. Elling wurde sehr krank und musste eine Zeit lang ins Lazarett, in dem er sich ein Bett mit einem rumänischen Arzt, Adolf Hersko (Peter Mureşan), teilte. Sie wurden Freunde fürs Leben.
Im März 1945 wurden die Studenten mit dem Zug ins KZ Neuengamme bei Hamburg geschickt. Es war ein sehr dramatischer Transport mit vielen Bombenanschlägen. Nach etwas mehr als einem Monat in Neuengamme wurden sie im April 1945 von der Bernadotte-Kampagne Den Weißen Bussen gerettet und zur Internierung nach Schweden transportiert. Am 25. Mai wurden alle Studenten mit dem Zug nach Oslo gebracht.
Nach dem Krieg, 1947 beendet er sein Medizinstudium. Er heiratete Ingrid Julie, geborene Berge. Sie hatten 3 Kinder: Brita (geb. 1948), Elsa (geb. 1954) und Julie (geb. 1958). Sie hatten 5 Enkelkinder und 5 Urenkel.
In den Jahren 1947 bis 1962 lernte Elling in den Krankenhäusern Dikemark und Ullevål und wurde in den Fächern Psychiatrie, Innere Medizin, Chirurgie und klinische Chemie ausgebildet. Außerdem begann er 1952 einen Masterstudiengang in quantitativer organischer und physikalischer Chemie in der Universität Oslo. Von 1952 bis 1955 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Sloan-Kettering-Institut für Krebsforschung, NY, USA, und am Public Healthesearch Inst, Abteilung für Biochemie, NY.
Von 1956 war er Abteilungsarzt am Zentrallabor des Ullevål-Krankenhauses und von 1958 bis 1959 deren leitender Atzt. 1959 promovierte er zum Doktor der Medizin.
Er war technischer Berater des Internationalen Atomenergiebüros Wien und 1962 sechs Monate lang Experte für technische Hilfe am Institut für Krebserkrankungen in Rio de Janeiro, Brasilien. Ab 1962 wurde er Berater in der von ihm aufgebauten psychiatrischen Klinik im neurochemischen und klinischen Labor der Universität Oslos. Unter seiner Leitung bis 1990 wurde es ein Forschungslabor für die Analyse von Blut- und Urinproben auf Arzneimittel und Drogen. Darüber hinaus wurden Grundlagenforschungen in den Bereichen Neurowissenschaften und Biochemie durchgeführt.
Viele seiner Forschungsprojekte befassten sich mit Glutamin, Glutamat und Glutaminase. Kvamme und seine Mitarbeiter waren die ersten, denen es gelang, eine PAG (Phosphat-aktivierte Glutaminase) zuerst aus Nierengewebe, dann aus Hirngewebe.
Elling wurde 1966 Dozent und 1980 Professor für Neurochemie. Er hat etwa 100 wissenschaftliche Artikel veröffentlicht und 5 Doktoranden betreut. Er hat zu Kapiteln in Handbüchern (Handbook in Neurochemistry, NY 1983) und Methods in Enzymology, NY, 1984 sowie zu anderen wissenschaftlichen Büchern beigetragen, die in den USA, England und Deutschland veröffentlicht wurden.
Er hat an mehreren internationalen neurochemischen Fachzeitschriften mitgewirkt, darunter für Neurochemical Research, USA, und sprach auf mehreren internationalen Symposien, zuletzt: Brain Energy Metabolism, Neurotransmission: Function and Dysfunction, Trondheim, 19.-23. Mai 2001. Das Manuskript wurde gedruckt im Journal of Neuroscience Research, USA.
Elling war Präsident der International Society for Neurochemistry. Er hat ausserdem die norwegische Society for Biochemistry gegründet und war mehrere Jahre deren Präsident.”
1994 gründete er den norwegischen Verein ehemaliger Buchenwaldhäftlinge und war dessen Vorsitzender bis zu seinem Tod Er war Vize-Präsident des Internationalen Komitees Buchenwald.
Er war als Zeitzeuge aktiv und begleitete norwegische Schulklassen auf ihre Reisen in ehemalige Konzentrationslager. Für seine Forschungs- und Vermittlungsarbeit wurde er 2004 vom norwegischen König Harald zum Ritter des Ordens von St. Olav ernannt.
2013 veröffentlichte Elling eine Gedichtsammlung mit dem Titel ”Leben in Trauer und Liebe”.