Erklärung des IKBD zu den Wahlen in Thüringen und Sachsen

3. September 2024

Das Internationale Komitee Buchenwald-Dora und Kommados (IKBD) bringt seine tiefste Bestürzung über
das Ergebnis der Parlamentswahlen vom 1. September 2024 zum Ausdruck. Das Undenkbare ist passiert: Die rechtsextreme AfD gewinnt mit ihren neonazistischen Untertönen in Thüringen und landet in Sachsen auf dem zweiten Platz, nur knapp hinter der CDU.

Bereits der Wahlkampf für diese Parlamentswahlen wurde mit einiger Brutalität geführt. Die schlimmsten Mittel der Abschreckung wurden eingesetzt, um demokratiefreundliche Stimmen einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen. Das IKBD dankt allen Menschen in Politik und Zivilgesellschaft, die in Thüringen und Sachsen erbittert für die Verteidigung unserer Werte gekämpft haben – den Werten des Schwurs von Buchenwald, der am 19. April 1945 gesprochen wurde, für die Zehntausende von KZ-Häftlingen aus Buchenwald, Dora und ihren Kommandos gestorben sind oder unter den schlimmsten Bedingungen überlebt haben.

Das IKBD dankt insbesondere dem beharrlichen und mutigen Handeln des Direktors der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Herrn Prof. Dr. Jens-Christian Wagner, der in Ausübung seiner Funktionen und wegen seinen demokratischen Überzeugungen Opfer von Morddrohungen wurde. Ihm gilt auch weiterhin unsere volle Unterstützung. Sein und unser Kampf für eine pluralistische und respektvolle Gesellschaft muss fortgesetzt werden. Werte wie Frieden, Menschlichkeit, Brüderlichkeit und Offenheit sind der Kern dieser Gesellschaft; eine Gesellschaft, die Hass, Antisemitismus, Antiziganismus, Ausgrenzungen bekämpft; eine Gesellschaft, die sich erinnert, nicht aus Masochismus, sondern aus Liebe zu den Werten, die das Zusammenleben ermöglichen.

Die AfD, in Thüringen angeführt von Björn Höcke, bekämpft die bisherige Erinnerungspolitik Deutschlands und bedroht damit auch die Mühen heute noch lebender ehemaliger KZ-Häftlinge.

Die AfD spielt mit Identitätsängsten. Sie vergisst dabei, dass in den Nazi-Lagern zahlreiche Identitäten, zuerst Deutsche, bald gefolgt von allen Nationen Europas von einem gemeinsamen Feind, dem Nationalsozialismus, geknebelt und gemartert wurden. Sie nimmt dabei in Kauf, dass die letzten Überlebenden und ihre heute zahlreich auf der Welt verbreiteten – verstümmelten und durch den Nationalsozialismus verwüsteten – Familien dieses erinnernde Deutschland, das sie wieder lieben gelernt hatten, kaum noch wiedererkennen können.

Die Zeiten sind sehr ernst. Europa und insbesondere Deutschland, das ursprünglich darauf ausgelegt war, die Losung „Nie wieder“ umzusetzen, sind heute in Gefahr. Die AfD in Thüringen ist eine gesichert rechtsextremistische Partei, die dem Faschismus den Weg in die Parlamente bereitet.

Das IKBD ruft im Namen des Schwurs von Buchenwald und seiner Werte zu einem gemeinsamen Kampf gegen den Faschismus und gegen die AfD auf. Das schulden wir den KZ-Häftlingen.
Das schulden wir auch unseren Kindern.
Unser Kampf ist aktueller denn je.

Das IKBD, 2. September 2024