Virtuelles Buchenwald-Gedenken 2020: Gedenken an die Todesmärsche in Thüringen vor 75 Jahren
18. April 2020
Die Auflösung der Konzentrationslager, nicht nur in Thüringen, war ein Versuch, die Verbrechen an den Gefangenen zu vertuschen. Anfang April 1945 wurden nun auch Deportationsmärsche für das Stammlager Buchenwald und dessen 88 Außenlager mit Tausenden von Häftlingen angeordnet, aus dem Stammlager wurden 28.000 Häftlinge auf den Marsch geschickt. 21.000 Häftlinge, die im KZ Buchenwald zurückblieben, konnten sich beim Vorrücken der US-Armee am 11. April 1945 selbst befreien.
Thüringer Bewohner aus mindestens 150 Gemeinden sahen die Gruppen bewachter, abgemagerter Gestalten. Sie hörten das Geklapper der Holzschuhe, kraftlos, hungrig und von Durst gequält schlurften die Häftlinge damals über die Straßen. Es gab von der SS keine Gnade für die Gequälten. Die Thüringer wurden mit den Verbrechen der Faschisten hautnah konfrontiert. Etwa ein Drittel der auf die Todesmärsche geschickten Menschen, überlebte nicht.
Entlang der Routen der Todesmärsche findet man heute in Thüringen eine Vielzahl ähnlicher Gedenkzeichen, die an dieses Massenverbrechen im Frühjahr 1945 erinnern. Allein im Landkreis Saalfeld gibt es 39 Orte des Gedenkens. Mitglieder der Basisgruppe Saalfeld-Rudolstadt der Landesvereinigung Thüringen Bund der Antifaschisten legten an den Gedenksteinen zur Erinnerung an die Todesmärsche in Rudolstadt und Saalfeld Blumen nieder. „Sorgen wir dafür, dass die Grauen des Faschismus nicht vergessen werden und sich nie wiederholen“, war ihre Botschaft.
Auch an der Gedenkstätte des Buchenwald Außenlager S III Ohrdruf erinnerten Vertreter der Landesvereinigung Thüringen mit einer symbolischen Aktion. Mehrere tausend Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald trieben von November 1944 bis Anfang April 1945 im Jonastal im Rahmen des Sonderbauvorhabens „S III“ unter strengster Geheimhaltung 25 Stollen in den Berg. Am 2. April 1945 musste der größte Teil der Häftlinge unter SS-Bewachung in einem Todesmarsch 51 Kilometer nach Buchenwald marschieren. Die Anzahl der Häftlinge, die während des Marsches zusammenbrachen und starben oder von den SS-Bewachern erschossen wurden, kann nur geschätzt werden.
In ganz Thüringen errichteten die Bezirksregierungen in der DDR an Stationen der Todesmärsche Gedenktafeln wie hier in Crawinkel. Solche Stelen markierten den Weg der Deportierten, oftmals aber auch Orte von Verbrechen, an denen nicht mehr transportfähige Häftlinge ermordet worden waren. Sie sind heute Gedenkorte und wurden im Rahmen des virtuellen Buchenwald-Gedenkens 2020 von den örtlichen Antifaschisten aufgesucht.
Auch an lokalen Gedenkstätten für antifaschistische Widerstandskämpfer wie in Suhl-Heinrichs erinnerte die Thüringer VVN-BdA an Häftlinge von Buchenwald. Auf diesem Friedhof ist beispielsweise Heinrich Philipp List beigesetzt. Zusammen mit Guido Heym, Alfred „Max“ Gerngroß, Fritz Köhler, Karl Weiß und Friedrich Heinze engagierte er sich im antifaschistischen Widerstand in Suhl. Am 8. August 1941 wurde er verhaftet und mit der Nummer 8421 als „Schutzhäftling“ in Suhl registriert. Danach lieferte ihn die Gestapo in das KZ Buchenwald ein, wo er in den Block 10 kam. Dort erhielt er nach seiner Überführung am 2. Oktober 1941 die Häftlingsnummer 3439. Am 19. Januar 1942 wurde er in Buchenwald ermordet. Seine sterblichen Überreste sind auf dem Friedhof in Suhl-Heinrichs beigesetzt.