Mitgliederversammlung der Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora
1. Juli 2016
Die Mitglieder der LAG Buchenwald-Dora trafen sich am 25.06.2016 zu ihrer turnusmäßigen Sitzung in Buchenwald.
Mit Genugtuung nahmen sie Kenntnis von der Verurteilung des ehemaligen SS-Wachmanns im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz, Reinhold Hanning, durch das Landgericht Detmold zu fünf Jahren Haft wegen Beihilfe zu 170.000fachem Mord.
Während sie Verständnis zeigten für die angekündigte Revision des Urteils durch die Anwälte der Nebenkläger – hier wird Mittäterschaft anstelle Beihilfe ins Feld geführt, reagierten die Mitglieder der LAG Buchenwald-Dora mit Abscheu und Unverständnis auf das von den Verteidigern angekündigte Einlegen von Rechtsmitteln gegen das Urteil vor dem Bundesgerichtshof.
Im Gedenken an den Jahrestag des Überfalls Nazideutschlands auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 legten die Mitglieder der LAG Buchwald-Dora ein Blumengebinde am Gedenkstein für die sowjetischen Kriegsgefangenen nieder.
Im Verlauf ihrer Sitzung trafen die Mitglieder der LAG Buchenwald-Dora mit Dr. Harry Stein, Kustos der Gedenkstätte Buchenwald zusammen, der die Herangehensweise an die im April 2016 neu eröffnete Ausstellung erläuterte. Nach der gemeinsamen Besichtigung eines Teils der Ausstellung erfolgte eine Auswertung der ersten Eindrücke. Mitglieder der LAG Buchenwald-Dora brachten zum Ausdruck, dass die Ausstellung gelungen sei, da sie detaillierte Einblicke in die Geschichte des KZ Buchenwald vermittelt. Einig waren sich alle, dass die umfangreiche Ausstellung nicht innerhalb weniger Stunden besichtigt werden kann – es braucht wahrscheinlich mehrfacher Besuche, um die Ausstellung in Gänze erfassen zu können. Kritisch wurde angemerkt, dass es zu den sechzehn Themenkreisen keinen erkennbaren „Fahrplan“ bzw. “roten Faden“ und keine einführende Handreichung gibt. Hierzu erklärte Harry Stein, dass ein Flyer und ein Katalog demnächst fertig gestellt würden. Ebenfalls erläuterte er, dass sich weitere Hinweise zur Abfolge der Themenkomplexe in den Ausstellungsräumen in Vorbereitung befänden. Besonderes Interesse in der Diskussion fand die Multimedia-Installation im ansonsten leeren Erdgeschoss. Auf anschauliche Weise wird dargestellt, wie die in der Verfassung der Weimarer Republik festgeschriebenen Grundrechte der Bürger nach 1933 systematisch ausgehöhlt wurden – bis hin zur Ausgrenzung von Menschengruppen aus politischen, religiösen, weiteren vielfältigen Gründen und zu ihrer physischen Vernichtung. Dieses Szenario wird ergänzt durch Sequenzen des „normalen Lebens“ im Dritten Reich. Neben Anerkennung für diese gelungene, eindrucksvolle Installation bemängelten die Mitglieder der LAG Buchenwald-Dora die fehlende Darstellung der treibenden Kräfte – politische und wirtschaftlich – hinter dieser Entwicklung, die zur Übergabe der Macht an die deutschen Faschisten führte. Harry Stein nahm diese Anregung auf und sagte eine entsprechende Diskussion in seinen Gremien zum Thema „Wer hat am Rad gedreht“ zu.
Dem Ergebnis dieser Diskussionen sehen die Mitglieder der LAG Buchenwald-Dora mit großem Interesse entgegen.
Betont wurde, dass in dieser Diskussion nur erste Eindrücke reflektiert werden konnten.
André Goldstein