Das 3. Treffen der Nachkommen in Buchenwald
16. April 2012
Im Zeichen des Gedenkens an die Opfer und das Leid der im Lager und in den Außenkommandos des KZ geschundenen, gequälten Sinti und Roma stand das diesjährige Treffen der Nachkommen.
Vor siebenundsechzig Jahren befreiten sich die Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald von ihren SS-Peinigern. Um dieser mutigen Tat zu gedenken, hatte die Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora e. V. für den 15. April 2012 zum 3. Treffen der Nachkommen der Buchenwalder in den Kinosaal der Gedenkstätte eingeladen.
Das Treffen stand im Zeichen des Gedenkens an die Opfer und das Leid der im Lager und in den Außenkommandos des KZ geschundenen, gequälten Sinti und Roma. Weil bis heute diese Minderheit ausgegrenzt wird, weil sie in Deutschland und anderen europäischen Staaten latentem und offenem Rassismus gegenüber steht, den Menschen Gewalt angetan und ihr Leben bedroht wird, sollte öffentlich unsere Solidarität bekundet werden.
Deshalb wurde das diesjährige Treffen in kameradschaftlicher Zusammenarbeit mit dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma vorbereitet.
Das emotional stark berührende Einspiel von Fotos und Namen deutscher Frauen und Männer, deutscher Sinti und Roma, Häftlinge des KZ Buchenwald und seiner Kommandos eröffnete das vom Vorsitzenden der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, Heinrich Fink, einfühlsam moderierte Treffen. Die von dem ungarischen Komponisten und Gitarristen Ferenc Snétberger meisterhaft gespielte Gitarrenkomposition ließ einen spannungsvollen Rahmen entstehen.
Walter Mönch, Verwaltungsdirektor der Stiftung Gedenkstätte Buchenwald und Mittelbau Dora grüßte die Anwesenden und berichtete von seinen Erfahrungen, die er bei der Vermittlung dessen, was in Buchenwald geschah, machte. Er hob hervor, dass es ihm stets Herzensangelegenheit gewesen sei, die Wahrheit über das Lager und das grausame Geschehen dort zu verbreiten. Stets habe er Bestes zu geben versucht, um mit seiner beruflichen Funktion günstige materielle Bedingungen zu schaffen. Mit seiner Rede verabschiedete sich Walter Mönch in den Ruhstand.
Als Vorsitzender der Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora begrüßte Günter Pappenheim die Anwesenden, zu denen beispielsweise größere Gruppen aus Dresden, Berlin, Siegen ebenso gehörten, wie Bundestags- und Landtagsabgeordnete und der Oberbürgermeister von Weimar. Als Zeitzeuge mahnte er mit Nachdruck an, den neofaschistischen Umtrieben, die sich zunehmend auf Europa ausweiten, sowohl staatlich als auch mit Zivilcourage entschlossener und verbindlicher entgegenzutreten. Er bekundete ausdrücklich Solidarität mit Angehörigen der nationalen Minderheit deutscher Sinti und Roma. Seinen Dank sprach er allen aus, die mit Geldspenden, mit materieller Unterstützung und umfangreicher organisatorischer Arbeit das Treffen der Nachkommen ermöglichten.
Bertrand Herz, Präsident des Internationalen Komitees Buchenwald, Dora und Kommandos verurteilte die Gewaltexzesse gegen Sinti und Roma in einigen europäischen Staaten und hob zugleich die Bedeutung der Solidarität hervor als wichtigen Faktor des Überlebens im Lager, in das er als Kind musste. Er betonte den Standpunkt des Internationalen Komitees, überall die universellen Menschenrechte zu garantieren und energischer Rassismus und Gewalt zu verfolgen.
Als die sechsundachtzigjährige Ungarin Eva Pusztai zu sprechen begann, herrschte im überfüllten Kinosaal atemlose Stille. Sie schilderte aus eigener Wahrnehmung, wie in Auschwitz Sinti und Roma, Frauen und Kinder, aus dem von der SS so genannten »Zigeunerlager« in den Tod getrieben wurden. Ihre anrührenden Worte fanden ihren Höhepunkt und Abschluss in der mahnenden Aufforderung an die jüngeren Generationen, immer und überall solchen Einfluss geltend zu machen, der Gewalt gegen Menschen ausschließt.
Emotional vom Vortrag Eva Pusztais tief beeindruckt, sprach Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma. Er stellte dar, dass in der weltoffenen Gesellschaft Rassismus keinesfalls überwunden ist. Sinti und Roma werden zu »Sündenböcken« für Auswirkungen des Versagens von Politik, sie seien nicht selten schutzlos der Gewalt ausgeliefert. Kritisch setzte er sich mit dem neofaschistischen Terror und damit verbundenen offen rassistischen Positionen auseinander. Gedankenlosigkeit und Oberflächlichkeit beförderten vielfach rassistische Vorurteile. Er forderte konsequentes Handeln der Zuständigen und der Zivilgesellschaft gegen neofaschistische Umtriebe.
Der Sinto Christian Kling aus Heidelberg las Ausschnitte aus Lebensberichten von Sinti, die in Buchenwald und Mittelbau Dora misshandelt und gequält wurden.
Heiko Clajus aus Weimar berichtete über das Projekt Schaffung des Gedenkweges Buchenwald-Bahn.Leider viel zu kurz, denn das Ende der Veranstaltung war erreicht.
Die Teilnehmer des 3. Treffen der Nachkommen verabschiedeten eine Erklärung, veröffentlicht am 15.4.2012 auf dieser Internetseite.
Heinrich Fink hob abschließend hervor, dass mit dem 3. Treffen der Nachkommen eine wichtige und bedeutsame Tradition entstanden sei, das Vermächtnis der Buchenwalder und des antifaschistischen Widerstands in seiner Gesamtheit zu bewahren.
Das Treffen endete mit einem eindrucksvollen Gedenken am Block 14, dem Denkmal für die Sinti und Roma.