Bertrand Herz, Rede zur Eröffnung der Gedenkfeier zum 66. Jahrestag
25. April 2011
Heute feiern wir den 66. Jahrestag der Befreiung des Lagers Buchenwald.
Jedes Jahr erinnert diese Gedenkfeier an ein wichtiges Ereignis aus der langen Zeit der
Herrschaft der nazistischen Barbarei von der Errichtung des Regimes an bis zu seinem
Zusammenbruch.
Im vergangenen Jahr wurde feierlich des 65. Jahrestages der Befreiung des Lagers am
11. April 1945 gedacht. Ungefähr 15 Veteranen der US-Armee und 200 ehemalige
Häftlinge und ihre Angehörige waren dabei anwesend.
Geehrt wurden einerseits die schlagkräftigen amerikanischen Truppen, die ihren
erfolgreichen Vormarsch durch Thüringen fortsetzten und die Garnison der Lager-SS
verjagten und andererseits der Mut derer, die illegal Widerstand leisteten. Ohne auf die
unmittelbar bevorstehende Ankunft der alliierten Truppen zu warten, befreiten sie unter
Mißachtung der möglichen Gefahren das Lager.
In diesem Jahr erinnern wir an ein tragisches Ereignis aus dem Krieg.
Am 22. Juni 1941, also vor 70 Jahren, begann das Hitler-Regime einen richtigen
Ausrottungsfeldzug gegen die Völker der Sowjetunion. Millionen Menschen, Männer undFrauen, Militärangehörige und Zivilpersonen, kamen durch die nazistische Barbarei ums Leben.
Das Internationale Komitee schließt sich dem Gedenken an das erlittene Leid an. Es
beteiligt sich an der Ehrung für die sowjetischen Soldaten, von denen mehrere Millionen
auf schändliche Weise durch die Nazis umgebracht wurden. Einige von ihnen, auch
Frauen, litten in den Lagern Buchenwald, Dora und den Außenkommandos,
verweigerten oft die Zwangsarbeit und wurden in manchen Fällen kaltblütig ermordet.
Ehren wir also den Mut der sowjetischen Völker angesichts der nazistischen Aggression.
Erwähnen wir auch das heldenhafte Verhalten der Einwohner von Leningrad, die unter
Opferung von 1 Million Toten erfolgreich den Bombenangriffen und dem Hunger einer
fast 900 Tage lang dauernden Belagerung widerstanden haben.
Das Internationale Komitee erweist den Kämpfen der Roten Armee die Ehre, ihrem Sieg
bei Stalingrad und ihrer ganz entscheidenden Beteiligung an der Zerschlagung des
Nazismus.
Und ein anderes Gedenken beschäftigt uns noch.
In diesem Jahr hat die Bundesrepublik Deutschland dem Leid der Sinti und Roma
während des zweiten Weltkrieges feierlich die Ehre erwiesen und dem schrecklichen
Massenmord, von dem diese Gemeinschaft betroffen war. Ein Überlebender hat in
diesem Jahr am 27. Januar vor den Mitgliedern des Bundestages in Berlin im Rahmen
des Gedenkens an die Opfer des Nazismus das Wort ergriffen.
In der gleichen Zeit, also in den letzten Monaten, hat es leider aber auch rassistisches
Gedankengut und Erklärungen gegen diese Gemeinschaft in Europa gegeben und in
einigen Ländern Übergriffe, Aufrufe zum Haß und sogar Morde.
Das Internationale Komitee schließt sich dem Gedenken an die massenhafte
Vernichtung der Sinti und Roma an, von denen auch viele unsere Kameraden im Lager
waren. Es schließt sich ebenfalls dem Kampf gegen Rassismus und Ausgrenzung an,
dem diese Gemeinschaft auch heute noch ausgesetzt ist und gegen den
Negationismus, der versucht, aus dem Gedächtnis der europäischen Nationen jede Art
von Genozid zu löschen, den die Nazis begangen haben.
Ich habe Romani Rose gebeten, das Wort zu ergreifen. Er ist Vorsitzender des
Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma, das seit vielen Jahren
hartnäckig und mutig für die Anerkennung des Massenmordes an dieser Gemeinschaft
eintritt.
Übersetzung: Franka Günther