Rede Alojzy Maciak zum 64. Jahrestag der Befreiung von Buchenwald 2009
2. Juni 2009
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde!
Ich bin der ehemalige polnische Häftling dieses Lagers mit der Häftlingsnummer 71939.
Mit großer Freude begrüße ich alle Anwesenden auf unserer heutigen Feierlichkeit aus Anlass des 64. Jahrestages der Befreiung des Lagers, überlebende ehemalige Häftlinge, Kameradinnen und Kameraden aus ganz Europa.
Die diesjährigen Feierlichkeiten haben eine besondere Bedeutung hinsichtlich der Jahrestage der letzten Jahrzehnte und die Bedeutung für unser Schicksal.
Wir haben den 70. Jahrestag der Gründung des Lagers begangen, des Lagers das in 8 Jahren 250 Tausend Häftlinge durchliefen von denen 56 Tausend die Befreiung nicht mehr erlebten.
Der heutige 64. Jahrestag der Befreiung des Lagers eröffnet uns ehemaligen Häftlingen erneut die Möglichkeit, unser Wissen über dieses Lager an junge Menschen weiterzugeben.
Es war ein kämpfendes Lager. Es hat seine Leidensgeschichte. Was dieses Lager aber unter den Konzentrationslagern besonders auszeichnete, war der unaufhörliche und mit jedem Jahr stärker werdende Kampf.
Nicht zufällig ist das Lager von Buchenwald das einzige Lager, das sich selbst befreite.
Nach unserer Befreiung haben Häftlinge von 32 Nationen einen Schwur geleistet. Zwei Sätze dieses Schwures trägt der Turm von Buchenwald zu Ehren der Opfer des Faschismus:
Das sind die Worte:
Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung.
Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.
Vor 64 Jahren haben 22 Tausend Polen, ehemalige Häftlinge, dieses Lager und die dazugehörenden Kommandos verlassen. Heute leben nur noch ungefähr 250 von uns.
Wir sind hier als Vertreter dieser Gruppe angereist, um den ermordeten Häftlingen die Ehre zu erweisen.
In einige Monate werden wir den 70. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs begehen.
Dieser Krieg begann im September 1939 mit der Aggression zweier totalitärer Diktaturen gegen Polen, Nazideutschlands und Sowjetrusslands.
Der verbrecherische Krieg hat die Welt an den Rand des Abgrunds gebracht und eine schreckliche Bilanz hinterlassen.
Mit Bedauern stellen wir, die ehemaligen Häftlinge, fest, dass die Welt nicht die nötigen Lehren aus unserer Geschichte gezogen hat.
Unsere Reihen lichten sich, deshalb wende ich mich zum wiederholten Mal im Namen der lebenden ehemaligen Häftlinge an die junge Generation mit der Bitte, unseren Kampf gegen die nazistische Ideologie fortzusetzen, den Kampf für eine gerechte Welt und für Toleranz, für eine Welt, in der es keinen Platz für Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus gibt.
Abschließend möchte ich besonderes an die Jugendlichen aus der ganzen Welt appellieren:
„Die Erinnerung an diese Orte und ihre Opfern wird vergessen, wenn Ihr sie vergesst.“
Auf Wiedersehen.
Alojzy Maciak
Vorsitzender des Zirkels Buchenwald-Dora