Erklärung zum XI. Treffen der Nachkommen

10. April 2022

Erklärung zum XI. Treffen der Nachkommen
am 10. April 2022 in Buchenwald

Am 20. Januar 1942 fand die „Besprechung mit anschließendem Frühstück“ in der Villa am Wannsee statt. Das war der Auftakt zum größten Menschheitsver- brechen der Geschichte: Der geplante industrielle Genozid an 11 Millionen eu- ropäischen Juden. Das gleiche Schicksal sollte Sinti und Roma wie auch die sogenannten „slawischen Untermenschen“ treffen.

Wir, die Nachkommen politischer Häftlinge des Konzentrationslagers Buchen- wald und anderer Konzentrations- und Vernichtungsager des deutschen NS- Regimes, Antifaschisten, Freunde und Gäste, die sich heute hier versammelt haben zum 11. Treffen der Nachkommen aus Anlass des 77. Jahrestages der Selbstbefreiung, nehmen das zum Anlass unsere Stimme zu erheben gegen alle Formen des wieder erstarkten Antisemitismus und Antiziganismus in Europa und der Welt, der sich unter anderem auch durch die Relativierung des Holo- caust im Rahmen von Demonstrationen und „Spaziergängen“ gegen die Anti- Corona-Politik durch Vergleiche der Einschränkungen der persönlichen Frei- heiten mit der Verfolgung jüdischer Menschen während der NS-Herrschaft oder dem missbräuchlichen Tragen des David-Sterns als „ungeimpft“ dokumentiert. Zu den Höhepunkten gehört wohl auch die Tatsache, dass sich einige dieser „Querdenker“ mit Anne Frank und Sophie Scholl verglichen…

Deshalb erinnern wir an den Schwur der Überlebenden des KZ Buchenwald vom 19. April1945:

„Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“

Von hier rufen wir alle politisch Verantwortlichen in der Welt, Demokraten und Bürger auf, ihre Stimme gegen jede Form von Rechtsradikalismus, Neonazis- mus, Antisemitismus, Antiziganismus und Ausgrenzung, Kriegstreiberei und – hetze zu erheben. Wir halten es auch für wichtig, sich bei jeder Konfrontation zunächst die Mühe zu machen, sich in die Position des anderen hinein zu ver- setzen.

Alle Regierenden in der Welt erinnern wir an Willy Brandt, der sagte: „Frieden ist nicht alles – aber ohne Frieden ist alles nichts!“

Weimar am 10. April 2022